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20. April 2015

Was Schweizer Unternehmer unter anderem wissen müssen, wenn sie Waren in die EU exportieren bzw. an Konsumenten in der EU verkaufen

Teil 1: Zum anwendbaren Recht – zwingende Vorschriften

 

Die Regelungen im internationalen Privatrecht (CH/EU)

Nach dem internationalen Privatrecht (IPR) der Schweiz, welches u. a. im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das internationale Privatrecht, kurz IPRG (SR 291) geregelt ist, ist auf grenzüberschreitende Verträge mit Konsumenten über Leistungen, die für deren persönlichen oder familiären Verbrauch bestimmt sind, zwingend das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Konsumenten anwendbar (Art. 120 IPRG). Das heisst: Schweizer Unternehmen können nach Schweizer IPR vertraglich nicht Schweizer Recht als Vertragsstatut vereinbaren, wenn sie Leistungen bzw. Waren, die für den persönlichen oder familiären Verbrauch eines Konsumenten bestimmt sind, selbst an Konsumenten im EU-Raum exportieren wollen.

Eine davon etwas abweichende Regelung kennt das in der Verordnung Rom-I-VO[1] harmonisierte EU-Recht. Die Rom-I-VO ist direkt anwendbar und geht den Bestimmungen des nationalen IPR der einzelnen Mitgliedstaaten vor. Art. 3 Rom-I-VO sieht zwar als zentrale Regel grundsätzlich die freie Rechtswahl der Vertragsparteien vor, schränkt diesen Grundsatz allerdings – insbesondere zum Schutz der Verbraucher bzw. Konsumenten – wieder ein. So bestimmt Art. 6 Abs. 2 ROM-I-VO, dass die Vertragsparteien (auch bei Konsumentenverträgen) zwar das auf den Vertrag anwendbare Recht grundsätzlich frei wählen dürfen, dass aber bei Verbraucherverträgen zusätzlich immer und zwingend auch die verbraucherschützerischen Mindeststandards des Staates gelten, in welchem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. M.a.W. dürfen Schweizer Unternehmer, wenn sie Waren oder Leistungen an Konsumenten im EU-Raum direkt exportieren, im Vertrag mit dem Konsumenten gemäss EU-Recht zwar als Vertragsstatut Schweizer Recht vereinbaren. Das zwischenzeitlich über weite Strecken ebenfalls harmonisierte EU-Konsumentenschutzrecht geht dem Schweizer Recht aber vor, insofern es zwingende Mindeststandards enthält.

Hat ein Schweizer Unternehmen in einem Vertrag mit einem EU-Verbraucher keine Vereinbarung über das auf den Vertrag anzuwendende Recht getroffen, so ist z.B. bei internationalen Kaufverträgen über bewegliche Verbrauchsgüter auf das Vertragsverhältnis das Recht des Staates anwendbar, in welchem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 6 Abs. 1 Rom-I-VO).

 

Kaufvertrag zwischen einem Schweizer Unternehmen und einem Unternehmen mit Sitz in der EU über Konsumgüter, welche letztlich für Verbraucher in der EU bestimmt sind

Verkauft ein Schweizer Unternehmen indessen seine Waren nicht direkt an EU-Verbraucher, sondern im Geschäftsverkehr an Unternehmen mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat, so ist auf den Kaufvertrag (ohne vertraglich anderslautende Vereinbarung) das Recht des Staates anwendbar, in welchem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seinen Sitz hat (Art. 117 Abs. 2 lit. a IPRG; Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom-I-VO), mithin wäre im hier interessierenden Kontext bei Kaufverträgen über Konsumgüter zwischen zwei Unternehmen Schweizer Recht unter Einschluss des UN-Kaufrechts anwendbar, sofern letzteres vertraglich nicht wegbedungen worden ist. Obwohl in einem Vertragsverhältnis zwischen zwei Unternehmen grundsätzlich das EU-Konsumentenschutzrecht nicht zur Anwendung kommt, kann es bei der Vertragsgestaltung aus Sicht des Schweizer Unternehmens dann nicht ausser Acht gelassen werden, wenn davon auszugehen ist, dass der ebenfalls gewerblich tätige Käufer seinerseits die Waren an EU-Verbraucher weiterveräussern wird bzw. diese letztlich über weitere Vertragsstufen für „EU-Verbraucher“ bestimmt sein werden. Denn es müssen alle EU-Mitgliedstaaten aufgrund von Vorgaben des europäischen Verbraucherschutzrechtes seit 1. Januar 2002 u.a. in ihrem eigenen nationalen Recht vorsehen, dass Unternehmen, welche als Letztverkäufer Verbrauchsgüter an einen Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat verkaufen, ein Regressrecht haben, wenn sie diesem Verbraucher selbst für eine Vertragswidrigkeit der Ware infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer andern Zwischenperson (verschuldensunabhängig) haften (Art. 4 i. V. m. Art. 3 Abs. 3 und 4 Richtlinie 1999/44/EG[2]). Den einzelnen EU-Mitgliedstaaten ist es nach vorgenanntem Art. 4 der Richtlinie indessen unbenommen geblieben, autonom den oder die Haftenden zu bestimmen, den oder die der Letztverkäufer in Regress nehmen kann.

Dieses Regressrecht des Letztverkäufers kann im Vertragsverhältnis zwischen einem Schweizer Unternehmen und einem Unternehmen mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat – soweit nach dem Vertragsstatut zulässig – vertraglich wegbedungen werden. Ist allerdings der Vertragspartner des Schweizer Unternehmens nicht selbst Letztverkäufer, sondern bloss Zwischenhändler, besteht zwischen dem Schweizer Unternehmen und dem gewerblichen Letztverkäufer kein Vertragsverhältnis, welches das Schweizer Unternehmen rechtlich zu gestalten in der Hand hätte. Das Risiko einer direkten Regressnahme des gewerblichen Letztverkäufers auf das Schweizer Unternehmen für die Vertragswidrigkeit der Ware hängt dann davon ab, welches nationale Recht welches EU-Mitgliedstaates zur Anwendung kommt, nachdem die einzelnen EU-Mitgliedstaaten weiterhin autonom das beim Regress zu befolgende Vorgehen und die Modalitäten der Haftung zu regeln befugt sind (Art. 4 Richtlinie 1999/44/EG). Nachdem eine allfällige regressweise Haftung des Schweizer Unternehmens bei einem mehrstufigen gewerblichen Vertrieb der vom Schweizer Unternehmen verkauften Verbrauchsgüter nicht ausgeschlossen werden kann, ist eine diesbezügliche Risikoabsicherung des Schweizer Unternehmens wohl nur über eine Versicherungslösung möglich. Eine solche ist insbesondere von einem Schweizer Unternehmen dann in Betracht zu ziehen, wenn – aufgrund des verkauften Warentyps – die Gefahr besteht, dass der gewerbliche Letztverkäufer dem Verbraucher (verschuldensunabhängig) für Ausbaukosten der vertragswidrigen Ware und für Einbaukosten der Ersatzlieferung, sowie für damit zusammenhängenden weiteren Schaden haften könnte. Die das Schweizer Unternehmen treffende Regressforderung kann in diesen Fällen zu Haftungssummen führen, welche den eigentlichen Warenwert des vom Schweizer Unternehmen verkauften Verbrauchsguts erheblich übersteigen. Das Schweizer Unternehmen hat allerdings nur dann mit einer durchsetzbaren Regressforderung zu rechnen, wenn es an der Vertragswidrigkeit der von ihm selbst verkauften Ware, ein eigenes Verschulden trifft.

 

Kaufvertrag zwischen einem Schweizer Unternehmen und einem EU-Verbraucher

Verkauft das Schweizer Unternehmen direkt an einen Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat, hat dieser Verbraucher bei Vertragswidrigkeit der Ware primär das Recht die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsguts oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung zu verlangen, sofern eine solche nicht unmöglich oder unverhältnismässig ist. Neben der Pflicht des Verkäufers zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung haftet er insbesondere auch für die damit im Zusammenhang stehenden Versand, Arbeits- und Materialkosten (wozu auch die Aus- und Einbaukosten bei Ersatzlieferung gehören). Die Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung muss zudem innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen (Art. 3 Abs. 3 und 4 RL 1999/44/EG bzw. die entsprechende gesetzliche Umsetzung von Art. 3 dieser Richtlinie in das nationale Recht der einzelnen EU-Mitgliedstaaten). Ist eine Ersatzlieferung oder Nachbesserung nicht möglich oder wäre eine solche unverhältnismässig, hat der Verbraucher subsidiär das Recht, eine Minderung des Kaufpreises zu verlangen oder vom Kaufvertrag zurückzutreten (Art. 3 Abs. 2 RL 1999/44/EG bzw. die entsprechende gesetzliche Umsetzung von Art. 3 dieser Richtlinie in das nationale Recht der einzelnen EU-Mitgliedstaaten).

 

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Autorin: lic. iur. Bigna Heim, Rechtsanwältin

 

[1] Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 17. Juni 2008 (kurz: Rom-I-VO; Abl. L 177 vom 04.07.2008, S. 6 ff.).

[2] Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterverkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (L 171 vom 7.7.1999, S. 12 ff.), geändert durch RL 2011/83/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25. Oktober 2011 (L 304 vom 22.11.2011, S. 64 ff.).

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